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Tagebuch meiner Ich-AG


Clark74

Empfohlene Beiträge

Tagebuch meiner Ich-AG

16. Juni: Habe endlich die Firma gegründet. Auf die Ausschreibung für die Stelle kam nur eine Bewerbung. Meine. Das Bewerbungsgespräch verlief positiv. Ich entspreche genau meinen Vorstellungen. Trotzdem Vorsicht: Habe vier Wochen Probezeit vereinbart.

02. Juli: Erste Zwischenbilanz nach 14 Tagen: Es läuft. Zwar noch nicht so besonders, aber doch irgendwie. Aber es wird schon, da bin ich mir einig.

26. Juli: Das Geschäft brummt! Habe eigentlich eine Woche Urlaub beantragt. Kann ich aber einfach nicht genehmigen. Muss ich mir noch sensibel nahe bringen. Aber die Kunden gehen vor.

13. August: Muss dringend mit mir übers Geld reden. Kann ja nicht so sein, dass ich einerseits Gewinn mache (Einzelheiten erfährt man ja nicht als Angestellter), während andererseits mein Gehalt stagniert. Was wäre ich denn ohne mich?

17. August: Habe mich heute früh über mich aufgeregt. Mehr Gehalt - das kann wohl nicht wahr sein. Erst mal muss ich doch Kapital ansammeln, damit ich investieren kann. Aber das werde ich mir schon noch beibringen. Wahrscheinlich muss ich die Zügel ein bisschen anziehen. Sonst komme ich noch auf die Idee, einen Betriebsrat zu bilden.

21. August: Heute früh zwei Stunden Warnstreik. Wenn ich es anders nicht kapiere, dann ziehe ich eben einen knallharten Arbeitskampf durch. Keinen Urlaub, keine Gehaltserhöhung - nicht mit mir.

22. August: Warnstreik! Na warte. Da gibt's eine gediegene Aussperrung.

23. August: Ha, jetzt habe ich's mir gezeigt! Mit Aussperrung hatte ich nicht gerechnet. Aber die Firma kann sich keine Pause leisten. Deshalb brauche ich einen Streikbrecher. Am besten mich, ich kenne mich ja aus. Ich als Streikbrecher - da werde ich Augen machen.

26. August: Habe mit eigenen Ohren gehört, wie ich mich "Dummes Schwein" genannt habe. Habe es mir sofort gemeldet, denn den Chef zu beleidigen stört eindeutig den Betriebsfrieden.

27. August: Die Beleidigung hat Folgen - habe mir eine Abmahnung erteilt. Noch einmal, und ich bin entlassen.

17. September: Seit dem Streikbrecher-Einsatz und der Abmahnung ist Ruhe in der Firma - kein Gemecker mehr, keine Gehaltsforderungen. Man muss eben mal die Instrumente zeigen.

21. Oktober: Ich gehe an die Börse. Wenn schon Ich-AG, dann richtig. Spiele mit dem Gedanken, alle Aktien selbst zu kaufen, damit mir keiner reinquatschen kann.

03. November: Der Börsengang war ein voller Erfolg. Die Aktien gingen weg wie warme Semmeln. Bin allen anderen möglichen Käufern zuvorgekommen. Tja, clever muss man sein. Jetzt bin ich nicht nur Inhaber und Geschäftsführer, sondern auch Vorstandsvorsitzender. Und Vorsitzender des Aufsichtsrates.

14. Dezember: Irgendwie klemmt das Geschäft im Moment. Liegt es am Wetter? Oder an der Vorweihnachtszeit?

16. Dezember: Jetzt weiß ich, woran es liegt: Die Lohnnebenkosten sind zu hoch. Habe mir das unmissverständlich klargemacht. Ja, wenn ich ein Osteuropäer wäre, da wär's vielleicht billiger. Aber so - ich habe zu hohe Ansprüche.

03. Januar: Musste mir eine Gewinnwarnung geben. Jetzt regt sich der Aktionär auf. Und der Aktienkurs fällt. Da werde ich wohl am Personal sparen müssen.

04. Januar: Kurzarbeit. Das fehlte noch. Andererseits - ich könnte mich nach einem Nebenjob umsehen. Vielleicht mache ich auch Schwarzarbeit bei mir.

07. Januar: Habe mich heute entlassen. Der Aktionär jubelt - der Kurs ist kurzzeitig nach oben geschnellt. Shareholder value ist eine tolle Sache.

12. Januar: Habe viel Zeit. Werde noch eine Firma gründen, gehe damit auch an die Börse, kaufe mir gegenseitig die Anteile weg. Das erzeugt Nachfrage und jagt den Kurs hoch. Obwohl - vielleicht sind das verbotene Insidergeschäfte? Egal, Hauptsache es bringt Gewinn. Außerdem, wenn ich dicht halte, kommt es nie raus.

Gruß

CLARK

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Kein Wunder

Meine Studienzeit war aber auch net viel bessser !

Aus dem Tagebuch meiner Studienzeit:

1. Semester

04.45 Uhr: Der Quarz-Timer mit Digitalanzeige gibt ein zaghaftes "Piep-Piep" von sich. Bevor sich dieses zu energischem Gezwitscher entwickelt, sofort ausgemacht, aus dem Bett gehüpft. Fünf Kilometer Jogging um den See, mit einem Besoffenen zusammengestoßen, anschließend eiskalt geduscht.

05.15 Uhr: Beim Frühstück Zeitung gelesen, dann noch einmal Mathe-Mitschrift vom Vortag durchgelesen. Danach kritischer Blick in den Spiegel: Outfit genehmigt.

07.45 Uhr: Zur U-Bahn gehetzt, fünfmal umgestiegen, nach anderthalb Stunden Odyssee endlich den Hörsaal erreicht. Verdammte U-Bahn-Baustelle. Pech gehabt: erste Reihe schon besetzt. Niederschmetternd. Beschlossen, morgen noch eher aufzustehen.

08.30 Uhr: Vorlesung. Keine Disziplin! Einige Kommilitonen lesen den Sportteil der Zeitung oder gehen frühstücken. Alles mitgeschrieben. Füller leer, aber über die Witzchen des Professors mitgelacht.

10.15 Uhr: Nächste Vorlesung. Verdammt! Extra neongrünen Pulli angezogen, aber trotz eifrigem Fingerschnippen konnte ich meine Kenntnisse nicht anbringen. Nachbar verlässt mit der Bemerkung "Sinnlose Veranstaltung" den Raum. Habe mich für ihn beim Prof entschuldigt.

12.00 Uhr: Mensa, Standardgericht 2, Karte auf 50 ? aufgeladen. Nur unter größten Schwierigkeiten weitergearbeitet, da zu laut.

12.45 Uhr: In der Fachschaft gewesen. Mathe-Musterlösungen immer noch nicht fertig. Wollte mich beim Vorgesetzten beschweren. Sie haben keinen! Daran geht die Welt zugrunde.

13.00 Uhr: Fünf Leute aus meinem Semester getroffen. Gleich für drei Arbeitsgemeinschaften zur Klausurvorbereitung verabredet.

13.15 Uhr: Zentralübung. Habe den Übungsleiter auf ein paar Irrtümer hingewiesen.

15.30 Uhr: Mit den anderen in der Bibliothek gewesen. Durfte aber statt der dringend benötigten 34 Bücher nur 20 mitnehmen.

16.00 Uhr: Dreiviertelstunde im Copyshop gewesen und die Klausuren der letzten acht Jahre mit Lösungen kopiert. Dann Tutorübung. Ältere Semester haben keine Ahnung.

18.30 Uhr: An Hand einschlägiger Quellen die Promotionsbedingungen eingesehen und erste Kontakte geknüpft.

23.00 Uhr: Vorlesungsmitschriften durchgelesen und Hausaufgaben gemacht. Festgestellt: 18-Stunden-Tag zu kurz. Werde demnächst die Nacht hinzunehmen.

11. Semester

10.30 Uhr: Aufgewacht! Ach, Kopfschmerzen, Übelkeit, zu deutsch: Kater!

10.45 Uhr: Der linke große Zeh wird Freiwilliger bei der Zimmertemperaturüberprüfung. Arrgh! Zeh zurück. Rechts Wand, links kalt; Mist, bin gefangen.

11.00 Uhr: Kampf mit dem inneren Schweinehund: Aufstehen oder nicht - das ist hier die Frage.

11.30 Uhr: Schweinehund schwer angeschlagen, wende Verzögerungstaktik an und schalte das Radio ein.

12.05 Uhr: Moderator: "Guten Tag, liebe Zuhörer - guten Morgen, liebe Studenten." Auf die Provokation hereingefallen und aufgestanden.

13.30 Uhr: Beim Schafkopfen auf den Parkbänken hinter der Mensa mein Mittagessen verspielt.

14.15 Uhr: Fünf Minuten in irgendeiner Vorlesung gewesen. Nichts los! Keine Zeitung, keine Flugblätter - nichts wie weg.

15.30 Uhr: Kurz in der Bibliothek gewesen. Nix wie raus, total von Erstsemestern überfüllt.

16.45 Uhr: In Tobis Cafe hereingeschaut. Geld gepumpt und 'ne Kleinigkeit gegessen: Bier schmeckt wieder! Kurze Diskussion mit ein paar Leuten über die neueste Entwicklung des Dollarkurses.

18.00 Uhr: Stammkneipe hat immer noch nicht geöffnet.

19.10 Uhr: Komme zu spät zum Date mit der blonden Erstsemesterin aus Kuba. Immer dieser Stress!

01.00 Uhr: Die Kneipen schließen auch schon immer früher. Umzug in die Hafentaverne.

04.20 Uhr: Tagespensum erfüllt - das Bett lockt.

04.50 Uhr: Am See von einem Erstsemester über den Haufen gerannt worden. Hat mich gemein beschimpft.

05.45 Uhr: Bude mühevoll erreicht. Insgesamt 18,50 ? ausgegeben. Mehr hatte die Kleine nicht dabei.

06.05 Uhr: Schalte noch kurz das Radio ein. Stimme des Sprechers: "Guten Morgen, liebe Zuhörer, gute Nacht, liebe Studenten."

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