Nein, keine Diskussion sondern nur ein aktueller Trend, der auch wieder vorbei gehen wird. O-Lack ist scheinbar im Moment die oberste Direktive und auch typisch deutsch: anderen Leuten Vorschriften machen zu können ist ja unsere Lieblingsbeschäftigung. Die Lacktrends der Vergangenheit wie z.B. pornolila kristallic aus den Achtzigern, die unsäglichen Airbrush-Verbrechen oder die perfekten "Totrestaurierungen" aus den Neunzigern werden heutzutage belächelt oder für unwürdig erklärt. Ein im original erhaltener Porsche 356 Vor-A oder Mercedes Flügeltürer wird vermutlich einen höheren Verkaufspreis erzielen als ein bei Kienle für 200.000 in einen Neuzustand restauriertes Exemplar. Wenn man denn noch so einen Scheunenfund findet. Zur Zeit bemühen sich ja einige Forschungsgruppen, Verbände und Museen um eine wissenschaftliche Annäherung an dies Thema und versuchen, so etwas ähnliches wie Standards für mobiles Kulturgut zu definieren. Dabei geht es neben der reinen Beschäftigungstherapie auch um handfeste und wichtige Ziele wie weniger Kfz-Steuer für Oldtimer/Kulturgüter und Abwehr von drohenden Fahrverboten. Grundtenor ist überwiegend, dass der Zustand bei Auslieferung der Kiste das Maß der Dinge darstellt und die Alterungsspuren nicht kaschiert werden dürfen. Ein neu lackierter Volvo PV 544 mit B20-Motor und Baumarkt-Schiebedach ist demnach nur eine tote Hülle mit alter Optik und kann für sich nicht reklamieren, ein echter Oldtimer sein zu wollen. Seltsamerweise werden hier im Bereich von Fahrzeugen, unbelebte Materie also, oft die Begriffe "Leben", "Charakter", "tot" und andere gebraucht. Noch seltsamer ist es, wieviele Leute auf diesen Zug aufspringen, vgl. die Haßtiraden auf den Seiten hier. Ich halte dies für einen Trend oder eine momentane Mode, nicht mehr und nicht weniger. Was die Menschheit in 10 Jahren für en vogue goutiert und wie über das Jahr 2011 mit seinem Originalfimmel gedacht wird, steht in den Sternen. Ich selber find es sinnvoll, einen guten Originallack mit vernüftigem Aufwand zu retten. Muß mir aber nicht von einer "Szene" vorschreiben lassen, was genau Kulturgut ist und was ich an meiner Kiste für eigene Gestaltungswünsche durchsetzen darf oder nicht. Wenn irgendwann aber eine amtliche EU-Denkmalschutzkeule auch noch für Fahrzeuge kommt, dann gute Nacht Marie.