Wo werd ich wohl sein? Beim Media Markt, eure Kirchensteuern verprassen. Ahso, nee, geht ja nicht. Ihr zahlt ja keine.
Also: Wo soll ich anfangen?
Vorneweg: Ich rede jetzt nur für die evangelischen Landeskirchen. Wie's bei den Katholiken ist, weiss ich nicht. Ebensowenig bei den Freikirchen.
a.) "Die" Kirche als monolithischer Block oder als Konzern gibt es nicht. Wir sind nicht wie ein bundesweites Unternehmen, sondern verbandsmäßig organisiert. Die Vermögen der einzelnen kirchlichen Organisationen zu addieren ist interessant - führt aber zu falschen Schlüssen. Das wäre so, als wenn man sagen würde, die Vermögen aller großen und kleinen Fussballvereine gehören alle dem DFB.
b.) Zu einer Landeskirche gehören Kirchengemeinden, die einen eigenen Haushalt haben, sowie zahlreiche Stiftungen und Vereine, die meist das Diakonische Werk einer Landeskirche als Dachverband haben.
c.) Die Kirchensteuern werden zum allergrößten Teil für Personalkosten und Erhaltung der Gebäude eingesetzt. Dabei gibt es Gebäude, die viel kosten und wenig bis keine Einnahmen generieren (die Kirchengebäude). Die Pfarrergehälter werden selbstverständlich von Kirchensteuern bezahlt.
d.) Kirche und Diakonie zahlen Beamtentarife und TVöD-Tarife. Das könnte dazu führen, dass man meint, das sei Staatsknete. Ist es aber nicht. (Zur Orientierung: ein Pfarrer, also einer wie ich, kriegt das gehalten eines Oberstudienrates. Der Bischof kriegt das Gehalt eines Richters am Landgericht. Nicht schlecht - aber ich sag mal: Anständig.
e.) Der Staat zahlt an die Kirche:
1.) Wenn sie Aufgaben, die staatlich sind, übernimmt. Dabei wird sie genauso behandelt wie andere Wohlfahrtsverbände und Vereine. (Kitas, Schulen, Krankenhäuser, usw.) Pfarrergehälter werden dann (anteilmäßig) übernommen, wenn Pfarrer in staatlichen Diensten stehen (z.B. Gefängnisseelsorger, Militärgeistliche, Pfarrer im Schuldienst). In Bayern sollen, so habe ich gehört, auch die Bischöfe staatlich finanziert werden. In Baden, wo ich herkomme, ist das nicht so.
2.) Als Kompensation für Enteignungen (v.a. im 19. und 19. Jhdt.) Das ist in Staatskirchenverträgen geregelt.
f.) Kirchliche Einrichtungen sind steuerpflichtig, wenn sie wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betreiben. Auch das gilt für sie als gemeinnützige Organisation wie für jeden Verein, Verband, o.ä., der als gemeinnützig anerkannt ist.
Das heißt: Überall, wo eine kirchliche Organisation etwas tut, um Gewinne zu erwirtschaften, unterliegt sie dem normalen Steuerrecht. Also: Gewinn erwirtschaften - Steuern zahlen. Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer. Da kann eine Gemeinde, die auf dem Gemeindefest zu viel Bierchen verkauft ruckzuck über die Bemessungsgrenze rutschen, dann wird es richtig teuer. Wie bei den Vereinen auch, ist der ideelle Bereich und die Zweckbetriebe - also alles, was mit dem eigentlichen Zweck der Kirche, weil als gemeinnützig anerkannt zu tun hat, steuerfrei.
g.) Die Kirche gehört ihren Mitgliedern. Will sagen: der Gesamtzahl von 24 Millionen Menschen, die über eine Art Rätesystem auf Gemeinde-, Bezirks- und Landesebene ihre eigenen Haushalte verabschieden. Ca. 700.000 Menschen arbeiten hauptamtlich und etwa 1,5 Millionen Menschen ehrenamtlich im Bereich der evangelischen Landeskirchen (16.000 Gemeinden) und deren Diakonie (29.000 diakonische Einrichtungen) . (Die Zahlen sollen nur anschaulich machen, das viele Menschen auch viel Geld brauchen. Das hilft zum Einordnen)
h.) Die Zahlen sind schon ein paar Jahre alt, stimmen aber noch ziemlich: Zählt man die Einnahmen/Jahr der Evangelischen Kirchen in Deutschland und ihren Mitgliedern zusammen, kommt man auf ca. 10 Milliarden €. 4 Milliarden davon sind Kirchensteuern, 2 Milliarden sind Entgelte für Dienstleistungen. 200 Millionen sind Staatsleistungen. 3 Milliarden gehen für Pfarrergehälter und Gemeindearbeit drauf, 1 Milliarde für den Erhalt der Gebäude, 1,7 Milliarden für Kitas. Das ist jetzt nur recht grob - aber man sieht ziemlich deutlich: Kirchensteuern für kirchenspezifische Bereiche, Entgelte für Dienstleistungen, Miet- und Verkaufseinnahmen für Gebäudeerhaltung.
Die gröbsten Zahlen hab ich aus einem pdf von 2011, das ich auf meinem Rechner hab. Also nix gegoogelt. Aktuelles findet man unter www.ekd.de
Ah - und abschließend:
Ganz sicher wird bei Kirchens Geld nicht immer sinnvoll ausgegeben. Die Prüfkultur ist allerdings hoch entwickelt und lässt mich grade wahnsinnig werden, weil ich meinen Topf für Arbeitslosenprojekte mit ca. 200.000 € für 16 Projekte prüfen lassen muss. Von den 200.000 € sind 144.000 € Kirchensteuern. Der Rest Spenden (auch meine).