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Geschrieben (bearbeitet)

 

Nachdem ich den Reisebericht von Christof Prior zu den VWD 2015 in Kroatien gelesen hatte, war klar: Die VWD 2016 in Saint Tropez würden nicht ohne mich stattfinden. Und natürlich wollte ich auf der Vespa hinfahren. Tagelang wurde die Strecke geplant. Wie heißt es doch? Der Weg ist das Ziel. So stellte ich mir eine autobahnfreie Route abseits großer Straßen zusammen: Durch Belgien, Luxemburg, die nordfranzösische Provinz, das Jura später über die Route Napoléon (RN 85), vorbei an der Gorges du Verdon an die Côte d’Azur nach St. Tropez - insgesamt 1.189 km die ich in 4 Tagen bewältigen wollte.

„Der Weg ist das Ziel“ – darüber sollte ich noch nachdenken. Die Vespa war gecheckt und topfit aber für die kommenden Tage wurde für Nordfrankreich, Luxemburg und Belgien schlechtes Wetter vorhergesagt. Außerdem wurde in Frankreich gestreikt und die Tankstellen sollten nur unzuverlässig mit Sprit versorgt werden. Mit wasserdichter Hose, Textiljacke mit wasserdichter Innenjacke und 2,5 Litern in zwei Reservekanistern ging es trotzdem los gen Süden....

 

 

Tag 1: Deutschland – Belgien – Luxemburg bis zur französischen Grenze

Strecke: 234 km

 

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Ein Freund brachte mich passend auf seiner ACMA noch 20km Richtung Belgien, dann ging es alleine weiter. Dunkle Wolken sollten einen Vorgeschmack auf die nächsten Tagen geben - aber noch hielt das Wetter. Doch schon nach 50 km fing es an zu nieseln.

Also anhalten, unterstellen, wasserdichte Hose raus und weiter über Schleiden durch das Hohe Venn nach Belgien. Hier wurden die Straßen schlagartig schlechter und das Wetter drückte die Laune zusätzlich. Über Sankt Vith ging es weiter nach Luxemburg und dann immer entlang der belgischen Grenze Richtung Süden.

 

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Luxemburg: Pause im Bushäusschen.

 

 

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Luxemburg.

 

Bis hier war ich noch auf meiner lange geplanten Route unterwegs. Eigentlich wollte ich am ersten Tag schon bis nach Frankreich aber erstens war ich spät losgekommen und zweitens wollte ich die feuchten Klamotten loswerden. Also erinnerte ich mich an drei Vespisti mit denen ich vor der Tour über das GSF Kontakt hatte und von denen ich wusste dass sie ihren ersten Stop in Lamadelaine - kurz vor der französischen Grenze - einlegen wollten. Mit einem Anruf brachte ich das Hotel in Erfahrung wo die drei schon Quartier bezogen hatten. Gegen 18:00 Uhr traf ich im Hotel „Threeland“ in Lamadelaine ein. Schnell wurde das Zimmer bezogen und bei Pizza und Kaltgetränken der nächste Tag besprochen: Um 7:00 Uhr wollten wir uns im Nachbarort mit Mitfahrern aus Luxemburg treffen und nach einem Kaffee gemeinsam losfahren. Soweit der Plan...

 

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Strecke Tag 1.

 

 

Tag 2: Nordfrankreich

Strecke: 143 km

 

Nach einer durchwachsenen Nacht in einem viel zu warmen Hotelzimmer hörte ich schon beim Aufwachen was mich heute erwarten sollte: Der Regen prasselte aufs Pflaster, die Regenrinne vor dem Fenster lief über. Schnell waren die Sachen gepackt obwohl ich nicht wirklich damit rechnete dass wir wie geplant losfahren würden. Aber weit gefehlt: Die drei waren wild entschlossen sich in den Regen zu stürzen. Ich war ein bisschen unschlüssig und entschied dann eine Regenpause abzuwarten um später nachzukommen. Nach einem schnellen Frühstück klingelte mein Handy: Die drei hatten mittlerweile die Luxemburger getroffen und wollten doch etwas später gemeinsam starten. Also entschloss ich mich zum ursprünglichen Treffpunkt in Esch Alzette (ca. 15 km entfernt) nachzukommen. Die 30 minütige Fahrt durch den morgendlichen Berufsverkehr gab mir einen Vorgeschmack auf den Tag: Als ich am „Café Italia“ in Esch Alzette ankam lief mir das Wasser nur so die Klamotten runter aber noch hielt die innere Regenjacke dicht. Zu meinem Frust musste ich feststellen dass die Truppe kurz zuvor aufgebrochen war.... Was tun? Es regnete wie aus Kübeln, aus dem Hotel hatte ich ausgecheckt und meine ursprünglich geplante Route verlief 20km weiter westlich. Ich beschloss auf direktem Weg zu meinem nächsten Zwischenziel „Toul“ zu fahren. Also aktivierte ich auf dem Navi das Routing - also die Auto-ähnliche Navigation - mit Ziel „Toul“ und musste feststellen dass mein Garmin mit der länderübergreifenden Navigation nicht zurechtkam. Nachdem ich nochmal vollgetankt und anschließend die Grenze „händisch“ passierte hatte, funktionierte auch die Navigation und ich kämpfte mich 3 Stunden autobahnfrei durch den Regen über sanfte Hügel bis nach Toul wo ich gegen 12 Uhr ankam. Als ich beim Tanken die Handschuhe auszog, waren meine Hände pechschwarz von der Lederfarbe. Mittlerweile war ich auch bis aufs Unterhemd feucht aber zumindest die Regenhose hatte dichtgehalten. Der Blick auf den Regenradar versprach auch für die nächsten Stunden Regen und so beschloss ich in Toul zu übernachten – nach nur 140km die ich an diesem Tag geschafft hatte. Toul ist ein sehenswertes altes Städtchen mit Kathedrale, einem imposanten Festungswall und schönen, alten Häusern. Schon bei der Planung hatte ich mir in Toul ein schönes Jugendstil-Hotel rausgesucht; eigentlich als erste Übernachtungsstation. Das „La Comédie“ liegt direkt in der Stadt und ist einfach aber sehr geschmackvoll eingerichtet und: Ich konnte die Vespa unter einem kleinen Dach im Hinterhof sicher unterstellen.

Viel unternehmen oder ansehen konnte ich leider nicht: Die einzigen Schuhe waren klamm, die Jacke nass. Und so habe ich mich an dem Tag früh ins Bett gelegt...

 

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Wetteraussichten.

 

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Toul: Gediegen parken im Hinterhof.

 

 

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Toul: Hotel "La Comédie".

 

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Strecke Tag 2.

 

 

Tag 3: Frankreich

Strecke: 312 km

 

Der erste Blick am nächsten Morgen galt wieder dem Regenradar: Regen auf dem Weg gen Süden :-( Aber egal. Der Weg ist das Ziel(?) Nach einem guten, typisch französischen Frühstück packte ich meine Sachen auf die Vespa und machte mich bei leichtem Nieselregen auf den Weg. Angesichts des Wetters hatte ich mich auch diesmal entschlossen nicht „meine“ lang geplante Strecke zu fahren sondern dem Navi mit Routeneinstellung „Motorrad“ und „keine Autobahn“ zu folgen. Da der Regen wieder stärker wurde war ich froh, nach 40km in Neufchateau in einem gut sortierten Leclerc einen Regenkombie und neue Handschuhe zu finden. Nach Anprobe auf dem Parkplatz und Umtausch des Regenkombies in eine passende Größe ging es weiter über Langres nach Besançon. Irgendwo auf der Strecke überholte ich noch eine, zu einem Mini-Wohnmobil umgebaute Ape die sich mit 50 km/h über die langgezogene Straße kämpfte. 220km hatte ich an diesem Tag bis Besançon hinter mich gebracht. Mal nieselte es, meist aber war es richtig am regnen und nicht der Weg war das Ziel – ich wollte mal ein paar Stunden in der warmen Sonne, durch grüne statt graue Landschaft fahren: Meine Stimmung war auf dem Tiefpunkt. Ich war bis jetzt überwiegend durch weite, offene Landschaften gefahren. Die nächste Etappe sollte in das Haut-Jura und damit in dichte Wälder und über kurvige Straßen führen die bei Regen nur eingeschränkt Spaß machen. Es war schon 17:00 Uhr und ich musste mich regelrecht aufraffen weiterzufahren. Es ging weiter auf der RN5 von Besançon bis kurz hinter Champagnole – dem Einstieg in das Haut-Jura. Und kaum zu glauben: Das Wetter wurde langsam besser und der Dauerregen ging in Niesel über. Ich glaube, ich habe auf den letzten Metern sogar mal die Sonne gesehen. In Champagnole war kein freies Zimmer mehr zu finden – zum Glück wie sich herausstellte. Denn ich fand 15 km weiter direkt an der RN5 mit dem „Aux Truites Bleues“ eine von außen zwar nicht besonders schöne Pension, aber dafür mit großen, sauberen Zimmern und vor allem mit einem richtig guten 3-Gänge-Menü und netter Bedienung. Perfekt nach einem Tag an dem nur auf der Vespa gesessen hatte und für 80€ auch völlig OK. Nachdem ich die Vespa sicher unter einem Vordach ins Bett gebracht hatte hieß es auch für mich: Endlich schlafen.   

 

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Wasserfall an der Pension "Aux Truites Bleues“.

 

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"Aux Truites Bleues“: Blick aus dem Fenster.

 

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Trocken untergestellt.

 

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Strecke Tag 3.

 

 

Tag 4: Frankreich

Strecke: 374 km

 

Mein erster Blick aus dem Fenster:

 

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Endlich kein Regen, endlich keine dunklen Wolken, endlich SONNE – VESPA-FEELING!

Nach einem einfachen Frühstück ging es los: Ein kurzes Stück auf der RN5, die im weiteren Verlauf weiter ostwärts nach Genf führt, über eine saftig grüne Hochebene, durch dichte Nadelwälder, tief eingeschnittene Täler und wieder bergan weiter bis zum südlichen Zipfel des Jura. Ein schmales Sträßchen, kaum breit genug dass zwei Autos aneinander vorbeifahren konnten brachte mich durch dichten Wald hinunter ins Rhonetal das plötzlich weit und offen vor mir lag. Dann eine superschön zu fahrende Strecke entlang der Rhone bei der sich lange, hügelige Abschnitte mit sanft geschwungenen Kurven abwechselten.

 

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Tanken in Culoz. „Betanken von Reservekanistern verboten“.

 

 

Einige Kilometer begleitete ich zwei Holländer, die auf einem Anhänger zwei Vespen transportierten. Jetzt beneidete ich die Beiden nicht mehr sondern freute mich auf die 350 Kilometer die noch vor mir lagen. In Voiron, einem Städtchen kurz vor Grenoble dann zum ersten Mal auf der Tour mittags eine längere Pause. Gestärkt mit einem lecker belegten Baguette machte ich mich weiter Richtung Grenoble. Der Weg durch die Vororte war nervig: Statt der gewohnten, flüssig zu fahrenden Kreisel wurde die lange, schnurgerade Einfallstraße auch ohne Kreuzung alle paar Meter von Ampeln unterbrochen die ohne ersichtlichen Grund rot wurden sobald ich mich näherte. Nachdem ich an der 5. Ampel das Prinzip kapiert hatte verzichtete ich aufs Beschleunigen und rollerte im 1. Gang von Ampelstopp zu Ampelstopp.

Nachdem ich Grenoble passiert hatte, ging es auf der breiten, gut ausgebauten D1075 vom Tal wieder in die Berge. Der wenige Verkehr ließ es zu ordentlich durch die Kurven zu räubern und Strecke zu machen.

 

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D1075: Stop in der Nähe von Saint-Julien-en-Beauchene.

 

Aber auf den letzten 50 Kilometern wurden die Wolken dunkler und es fing wieder an leicht zu nieseln. Das schöne Sisteron mit der Tunneldurchfahrt mitten im Städtchen ließ ich noch hinter mir bevor es in Chateau-Arnoux-Saint-Auban wieder anfing richtig heftig zu regnen. So beschloss ich nicht mehr weiter an die Cote D’Azur zu fahren sondern noch eine Übernachtung einzulegen. Die Empfehlung einer Frau vor dem Fremdenverkehrsamt entpuppte sich als bestenfalls mittelmäßig: Das „Hotel du Chateau“ war zwar verkehrsgünstig gelegen (meint direkt an der Durchgangsstraße) aber ich musste erstmal 20 Minuten den Concierge suchen bevor ich in Erfahrung bringen konnte ob überhaupt ein Zimmer frei war. Als das geklärt war wurden die Modalitäten besprochen: Ich konnte die private Garage des Inhabers nutzen aber es gab morgens kein Frühstück weil der des nachts in den Urlaub fahren wollte. Den Zimmerschlüssel sollte ich einfach stecken lassen und die Haustür hinter mir zuziehen. So viel Vertrauen – beindruckend. Aber es stellte sich heraus dass ich außer dem Toilettenpapier der Gemeinschaftstoilette auf dem Gang nichts hätte mitgehen lassen können: Das Zimmer war extrem einfach eingerichtet und ziemlich abgewohnt. Gegenüber auf dem Marktplatz hatte ein mobiler Pizzabackwagen Station gemacht. So gab es an dem Abend auf dem Zimmer Pizza aus dem Karton und dazu eine Flasche Wasser die mir der Concierge für stolze 4€ verkauft hatte. Danach ging es in’s Bett.

 

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Zumindest ein Dach über dem Kopf.

 

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Strecke Tag 4.

 

 

Tag 5: Südfrankreich

Strecke: 174 km

 

Ein Presslufthammer riss mich an diesem Morgen ziemlich unsanft aus dem Schlaf. Aber der blaue Himmel und der Blick auf die umgebenden Alpenzüge entschädigten dafür.

 

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Schnell waren die Sachen gepackt und die Vespa aus der Garage geholt.

Ohne Frühstück ging es los auf den letzten und schönsten Teil der Strecke: Weiter auf der Route Napoléon (RN85) immer leicht bergauf, zunächst in breiten Hochtälern entlang der Bléone und später der Asse. Das Tal wurde immer enger und die Felswände rückten immer näher. Mit 7% Steigung ging es schließlich hinauf auf den Col des Léques auf 1.148m. An der Hütte auf dem Gipfel lohnte ein Stop für einen guten Kaffee und frisch gebackene Waffeln inmitten einer grandiosen Bergkulisse.

Hier traf ich noch eine Gruppe Vespisti aus der Schweiz die auch auf dem Weg nach Saint Tropez waren und nach einem kurzen Halt weiterfuhren.

 

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Le Bistrot du Col des Lèques

 

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Col des Lèques (1.148m)

 

Vom Col des Léques führte die Straße mit tollen Aussichten und in Haarnadelkurven hinunter bis auf 730m in das schöne Castellane am Eingang zur Verdonschlucht.  Auf der anderen Seite der Verdon ging es auf dem Sträßchen D102 durch kleine, tiefe Täler wieder bis auf knapp über 1.000m. Die Straße ist so schmal, dass bei Gegenverkehr eines der Autos rückwärts in eine der wenigen Ausbuchtungen zurückfahren muss um das andere vorbei zu lassen. Ich quetschte mich an einem kleinen polnischen LKW vorbei der sich an einem Felsüberhang festgefahren hatte und erreichte über die breitere D955 schließlich Comps-sur-Artuby. Hier traf ich eine Gruppe Engländer die auf den letzten Metern Ihrer 1.600km langen Tour waren. Gemeinsam fuhren wir über Montferrat und die gut ausgebaute D25 Richtung Süden bis nach Sainte-Maxime. Und endlich: Das Meer. Nachdem wir auch die letzten Meter im Stau auf der Küstenstraße geschafft hatten erreichten wir das Vespadorf am Ortseingang von St. Tropez....

 

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Strecke Tag 5

 

Es waren meine ersten Vespa World Days und habe daher keinen Vergleich. Aber die folgenden 4 Tage waren einfach nur ein super Erlebnis: ich habe so viele nette und unterschiedliche Leute kennengelernt, gute Organisation, schöne Ausfahrten ins Hinterland, tolle Stimmung, leckeres Bier, gute Musik.... Da lassen sich die Tage im Regen doch ganz gut verschmerzen :cool:.

 

 

Bearbeitet von Cologne_No.11
  • Like 5
Geschrieben

Der Weg ist der Weg : )

Schöner Bericht und sehr schade das mit dem Wetter.

Und die Rückfahrt, was ist damit? Oder hast Du beschlossen, gleich da zu bleiben?

Geschrieben

Ich wäre ja gerne noch ein bisschen geblieben. Aber die Rückfahrt war dann doch ganz profan in einem Caddy. Hat dafür aber auch nur 12 Stunden gedauert...

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